Schulprogramm Deutsch Tipps für Schüler - Verfassen von Analyseaufsätzen
Vorbemerkung

Einen guten Analyseaufsatz im Fach Deutsch zu verfassen, ist kein unüberwindbares Hindernis, sondern eine Aufgabe, die mit etwas Training gut zu bewältigen ist. Die Grundlagen dazu werden schon in der Sekundarstufe I gelegt.

Klausuren der Oberstufe unterscheiden sich von Klassenarbeiten der Sekundarstufe I im Wesentlichen dadurch, dass die Primärtexte länger und anspruchsvoller sind, die Aufgabenstellungen umfangreicher und komplexer und die Beantwortung der Aufgaben ein höheres Maß an Abstraktionsvermögen erfordert.

Aber: Man ist die letzten fünf Schuljahre Schritt für Schritt darauf vorbereitet worden - nicht nur im Deutschunterricht, sondern auch in den Modulen von Lernen lernen. Speziell hingewiesen sei hier auf das Modul 4, Gliederungs- und Markierungstechniken, sowie die Module 16, 17, und 18, welche sich Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Klassenarbeiten und Klausuren widmen.


Sechs Schritte der Analyse
Arbeitsschritte Erläuterungen ... und mehr

1. Schritt

Aufgabenstellung verstehen

  • Operatoren beachten
  • Vorwissen gezielt aktivieren
  • In jeder Aufgabenstellung finden sich Verben, die den besonderen Schwerpunkt der Aufgabe angeben. Diese bezeichnet man als Operatoren.
  • Für Textanalysen typisch sind die Operatoren:
    analysieren, interpretieren, darstellen, beschreiben, wiedergeben, zusammenfassen, untersuchen, deuten, vergleichen, erläutern/erklären, prüfen, bewerten, begründen

2. Schritt

Erstes Textverständnis
und Ideen festhalten
  • Text aktiv mit dem Stift in der Hand lesen
    • Text in Sinnabschnitte gliedern
    • Markieren
    • Randbemerkungen
    • Fragen formulieren
    • Ideen notieren
  • vgl. 5-Schritt-Lesemethode
  • Merke: Das Aufgabenblatt ist (d)ein Arbeitsblatt! Du darfst und sollst Text unterstreichen und einkreisen, ihn mit Randnotizen versehen, Zwischenüberschriften finden, usw.
  • Auch andere Formen wie z.B. eine Mindmap oder Skizze können sinnvoll sein.
  • Wenn dir ein Gedanke kommt, notiere ihn einfach. Stellst du im Laufe deiner Untersuchung fest, dass er doch nicht zutrifft, einfach streichen.
  • Grundsätzlich gilt, dass alle Interpretationsideen in allen  Arbeitsschritten immer wieder überprüft, korrigiert oder neu gefasst werden müssen.

3. Schritt

Textanalyse - Schwerpunkte beachten
  • Die in der Aufgabenstellung genannten Analyseaspekte schwerpunktmäßig untersuchen
  • Durch vertieftes Lesen den ersten Lektüreeindruck überprüfen; stimmt die Interpretationshypothese noch?
  • Wirkungsabsichten erkennen
  • Hintergrundwissen einbeziehen, z.B. gattungsspezifisches Wissen oder Epochenwissen, Vergleichstexte, spezielles Fachwissen etc.
  • Jeder literarische Text ist ein Kunstwerk und will als solches betrachtet werden; betrachte es als eine Art ,,sportliche Herausforderung“, so viel wie möglich herauszufinden.
  • Deuten, deuten, deuten! Die Gliederung eines Textes und seine sprachlichen Mittel sind niemals zufällig!
    • Warum hat der Autor ein bestimmtes Mittel gewählt?
    • Welche Wirkung erzielt er beim Leser?
    • Welche Absicht verfolgt er damit?
  • Entspricht der Autor damit einer bestimmten literarischen Epoche, pflegt er einen bestimmten Stil oder bricht er mit den Konventionen und macht etwas Neues?

4. Schritt

Schreibplan
erstellen
  • Untersuchungsergebnisse und Notizen in eine sinnvolle Reihenfolge bringen zur eigenen Orientierung und zum Zeitmanagement während des Schreibens
  • Manchmal genügt es, die Notizen zu nummerieren; evtl. auch Überschriften für einzelne Abschnitte finden.
  • Ein Schreibplan ist ein Zeitgewinn, wenn du vorher nur mit Stichworten und Schlüsselbegriffen gearbeitet hast.

5. Schritt

Klausur
verfassen

  • Gedanken und Sätze sinnvoll miteinander verknüpfen (s. ,,Rad der Gelenkwörter")
  • Absätze bilden

6. Schritt

Den eigenen Text überarbeiten
  • Kritisch prüfen:
    • Stimmt die Reihenfolge der Gedanken?
    • Sind die Ergebnisse nachvollziehbar?
    • Sind die gezogenen Schlüsse logisch?
  • Ist der Text sprachlich korrekt?
Textüberarbeitung lohnt sich: Schließlich wird die Darstellungsleistung zu mehr als einem Viertel angerechnet!

Checkliste

  • Habe ich alle Anforderungen der Teilaufgaben beachtet?
  • Gibt es in meinem Text Teile, die nicht mit der Aufgabenstellung in Zusammenhang stehen?
  • Ist mein Text verständlich und klar? Habe ich ihn sinnvoll gegliedert und Absätze gemacht?
  • Gibt es Überleitungen zwischen den einzelnen Aufgabenteilen oder Zwischenergebnisse?
  • Habe ich meine Thesen begründet und mit Hilfe von Textstellen belegt?
  • Habe ich die Regeln korrekten Zitierens beachtet?
  • Habe ich meine Aussagen durch sinnvolle Konjunktionen und Adverbien verknüpft? (s.,,Rad der Gelenkwörter")
  • Habe ich mich angemessen ausgedrückt und Umgangssprache vermieden?
  • Habe ich Fachbegriffe (richtig) verwendet?
  • Sind meine Sätze grammatisch korrekt?
  • Habe ich R und Z an Stellen, an denen ich unsicher war, überprüft?

„Rad der Gelenkwörter"
tipps-gelenkwoerter.jpg

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Cornelsen Verlags aus: Texte, Themen und Strukturen. Deutschbuch für die Oberstufe. Ausgabe für Nordrhein-Westfalen. Hg. v. Bernd Schurf und Andrea Wagener. Cornelsen Schulverlage 2009, S. 593.


Allgemeines Schema für Analyseaufsätze

Die vorliegende Tabelle soll eine Orientierungshilfe darstellen, denn es gibt keine goldene Regel, in welcher Reihenfolge genau die einzelnen Bausteine einer Interpretation ,,abzuarbeiten" sind. Natürlich muss zu Beginn eines jeden Aufsatzes der Leser über den Primärtext ins Bild gesetzt werden und natürlich stehen Zusammenfassung oder persönliche Stellungnahme am Schluss. Dazwischen jedoch gibt es einen großen Spielraum.

In einem guten Aufsatz stehen die einzelnen Analyseergebnisse nicht additiv hintereinander, sondern sind in eine sinnvolle Beziehung zueinander gesetzt. Jedem ist doch klar, dass der Aufbau immer etwas mit dem Inhalt und der Form sowie der Intention zu tun hat. Und das bedeutet, dass es eine einzige Reihenfolge, die immer richtig ist, nicht gibt! Wünschenswert ist jedoch eine Art ,,roter Faden", der den Leser bei der Lektüre des Aufsatzes begleitet und zum Ergebnis hinführt.

Wie unschwer zu erkennen ist, gibt es unabhängig von der Textgattung viele Gemeinsamkeiten bei einer Analyse. Eine besondere Herausforderung stellen dennoch Gedichte dar, denn diese sind, wie ihre Kürze im Vergleich zu den anderen Gattungen schon zeigt, die am stärksten konzentrierte Form des künstlerischen Umgangs mit Sprache. Deshalb kommt es bei der Interpretation von Gedichten in besonders starkem Maße darauf an, neben dem inhaltlichen Aufbau und der Aussage formale Merkmale und sprachliche Mittel zu untersuchen.


Aufbau
Untersuchungsaspekt
Erzählende Texte
Gedichte
Dramen
Einleitung
TATT-Schema
Titel, Autor, Textgattung,Time (Entstehungszeit)
Thema
Thema, aber: Das Thema ist nicht der Inhalt in einem Satz!
(wenn gefordert, Interpretationshypothese)
Interpretationsidee nur auf Notizblatt,
evtl. kommt man nach der Detailanalyse zu anderen oder detaillierten Erkenntnissen
Hauptteil
Inhalt
ja
ja ja
Aufbau
ja
ja, zusammen mit Form
(Reim, Metrum, Kadenzen, Klang)
ja


Form
Erzähler / Sprecher
Erzähler / Erzählperspektive
lyrisches Ich
Dialog vs. Monolog
Regieanweisung
Handlung
äußere / innere Handlung
äußere / innere Handlung äußere Handlung
Figuren / Charakterisierung
ja
selten ja
Verhältnis der Figuren zueinander ja
ja
ja
Raum
ja
ja
ja
zeitlicher Ablauf
ja ja ja
Sprache
Wortwahl, Satzbau, Modalität

stilistische Mittel, sprachliche Bilder
Zwischenbilanz
empfohlen
Einbeziehung externer Informationen, die zum Verständnis beitragen
z.B. Biographisches zum Autor, Schaffensperioden des Autors, Literaturepoche, Zeitgeschichte, politische und gesellschaftliche Prozesse und Entwicklungen ...
Schluss
Abgerundete Darstellung
der Ergebnisse
ja ja ja
Aussage des Stücks
Intention des Autors, Bezug zur Aussage des Stücks, Bezug zur (heutigen) Wirklichkeit
Persönliche Stellungnahme
aber bitte begründet

Ein Sammelsurium von Fachbegriffen ...
Viele Begriffe, die hier einer Literaturgattung zugeordnet werden, lassen sich auch bei der Interpretation einer anderen verwenden, die Liste ist zu erweitern.
Erzählende Texte Gedichte Dramen
Charakterisierung, erlebte Rede, Erzählformen, Erzählhaltung, Erzählperspektive, Erzählweise, erzählte Zeit vs. Erzählzeit, Fabel, Höhepunkt, Hypotaxe, innerer Monolog, Kurzgeschichte, Nominalstil, Parataxe, Rückblende, Verbalstil, Vorausdeutung, Wendepunkt, Zeitstruktur, ... Alexandriner, Alliteration, Anapher, Ballade, Ellipse, Enjambement, freie Rhythmen, Kadenz, lyrisches Ich, Metapher, Metrum, Ode, Personifikation, Reimschema, Rhythmus, Sonett, Stilmittel, Symbol, Vergleich, Wortfeld, ...
offene vs. geschlossene Form des Dramas, Absurdes Theater, Bürgerliches Trauerspiel, Episches Theater, Komödie, Tragödie, Volksstück, Akt, Aufzug, Antagonist, Aristotelische Poetik, Botenbericht, Chor, Dialog, Epilog, Erregendes Moment, Exposition, Figurenkonstellation, Katastrophe, Katharsis, Monolog, Nebentext, Peripetie, Prolog, Protagonist, Requisiten, retardierendes Moment, Stichomythie, Szene, Teichoskopie



Autorisation: Fachkonferenz Deutsch
Letzte Änderung: 23.07.2013