Schulprogramm Chemie Kompetenzen und Inhaltsfelder SI
Kompetenzen und Inhaltsfelder im Chemieunterricht der Sekundarstufe I
Kompetenzbereiche, Inhaltsfelder und Kompetenzerwartungen

Im Kapitel „Aufgaben und Ziele“ der Kernlehrpläne werden u.a. die Ziele des Faches sowie die allgemeinen Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler im jeweiligen Fachentwickeln sollen (übergreifende fachliche Kompetenz), beschrieben.

Sie werden ausdifferenziert, indem fachspezifische Kompetenzbereiche und Inhaltsfelder identifiziert und ausgewiesen werden. Dieses analytische Vorgehen erfolgt, um die Strukturierung der fachrelevanten Prozesse einerseits sowie der Gegenstände andererseits transparent zu machen. In Kompetenzerwartungen werden beide Seitenmiteinander verknüpft. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der gleichzeitige Einsatz von Können und Wissen bei der Bewältigung von Anforderungssituationen eine zentrale Rolle spielt.

Kompetenzbereiche repräsentieren die Grunddimensionen des fachlichen Handelns. Sie dienen dazu, die einzelnen Teiloperationen entlang der fachlichen Kerne zu strukturieren und den Zugriff für die am Lehr-Lernprozess Beteiligten zu verdeutlichen.

Inhaltsfelder systematisieren mit ihren jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkten die imUnterricht verbindlichen und unverzichtbaren Gegenstände und liefern Hinweise fürdie inhaltliche Ausrichtung des Lehrens und Lernens.

Kompetenzerwartungen führen Prozesse und Gegenstände zusammen und beschreiben die fachlichen Anforderungen und intendierten Lernergebnisse.

Kompetenzerwartungen
  • beziehen sich auf beobachtbare Handlungen und sind auf die Bewältigung von Anforderungssituationen ausgerichtet,
  • stellen im Sinne von Regelstandards die erwarteten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf einem mittleren Abstraktionsgrad dar,
  • beschreiben Ergebnisse eines kumulativen, systematisch vernetzten Lernens,
  • können in Aufgabenstellungen umgesetzt und überprüft werden.
Insgesamt ist der Unterricht in der Sekundarstufe I nicht allein auf das Erreichen der aufgeführten Kompetenzerwartungen beschränkt, sondern soll es Schülerinnen und Schülern ermöglichen, diese weiter auszubauen und darüberhinausgehendes Wissen und Können zu erwerben.

Die im Kernlehrplan für das Ende der Sekundarstufe I beschriebenen Kompetenzerwartungen und verpflichtenden Inhalte haben gleichermaßen Gültigkeit für den verkürzten (G8) wie für den neunjährigen Bildungsgang (G9) der Sekundarstufe I am Gymnasium. Dem geringeren Unterrichtsvolumen des achtjährigen Bildungsgangs wird im Rahmen des schulinternen Lehrplans unter anderem durch Festlegungen zur curricularen Progression und zur Art des didaktisch-methodischen Zugriffs Rechnung getragen.

Kompetenzbereiche und Inhaltsfelder des Faches

Die Entwicklung der für das Fach Chemie angestrebten vertieften naturwissenschaftlichen Grundbildung erfolgt durch die Vermittlung grundlegender fachlicher Prozesse, die den untereinander vernetzten Kompetenzbereichen zugeordnet werden können.

Kompetenzbereiche

Der Kompetenzbereich Umgang mit Fachwissen bezieht sich auf die Fähigkeit, zur Lösung von Aufgaben und Problemen auf Fachwissen der Chemie zurückzugreifen. Ein Verständnis chemischer Phänomene, Konzepte und Prinzipien sowie ihre Einordnung in einen größeren, zunehmend systematischen Zusammenhang sind notwendig, um erforderliches Fachwissen in variablen Situationen sicher und zuverlässig auswählen sowie anwenden zu können. Im Rahmen fachlicher Problemstellungen gelingt der Zugriff auf Fachwissen besser, wenn dieses angemessen organisiert und strukturiert vorliegt. Gut strukturierte Wissensbestände erleichtern ebenfalls die Integration und Vernetzung von neuen Erkenntnissen mit schon bestehendem Wissen.

Der Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung beinhaltet die Fähigkeiten und methodischen Fertigkeiten chemische Fragestellungen zu erkennen, diese mit Experimenten und anderen fachspezifischen Methoden hypothesengeleitet zu untersuchen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und Ergebnisse zu verallgemeinern. Naturwissenschaftliche Erkenntnis basiert im Wesentlichen auf einer Modellierung der Wirklichkeit. Modelle, von einfachen Analogien bis hin zu formalen Modellen, dienen dabei zur Veranschaulichung, Erklärung und Vorhersage. Eine Reflexion der Erkenntnismethodenverdeutlicht den besonderen Charakter der Chemie als Teil der Naturwissenschaftenmit ihren spezifischen Denk- und Arbeitsweisen und grenzt sie von anderen Möglichkeiten der Weltbegegnung ab.

Der Kompetenzbereich Kommunikation beschreibt erforderliche Fähigkeiten für einen sachgerechten und adressatengerechten fachlichen Austausch, in dem Bildungs- und Fachsprache im notwendigen Umfang verwendet werden. Kennzeichnend dafür ist, mit digital und analog verfügbaren Daten und Informationsquellen sachgerecht und kritisch umzugehen, dabei Informationen gezielt zu entnehmen sowie fachliche Ausführungen unter Verwendung unterstützender Medien selbst erstellen und präsentieren zu können. Dazu gehört es, für die Chemie wichtige Darstellungsformen wie Tabellen, Graphiken und Diagramme variabel einzusetzen und zwischen Darstellungsformen wechseln zu können. Wesentlich für die Chemie als Naturwissenschaft ist die Fähigkeit zum rationalen, faktenbasierten Argumentieren bei der Darstellung eigener Überlegungen, der Diskussion und Reflexion von Ideen und Untersuchungsergebnissen sowie divergierender Positionen.

Der Kompetenzbereich Bewertung bezieht sich auf die Fähigkeit, in Problemsituationen, in denen es mehrere denkbare Lösungen ohne ein klares Richtig oder Falschgibt, sachlich fundiert und wertebasiert zu begründeten Entscheidungen zu kommen. Dazu gehört, die Faktenlage einschließlich der Interessen der Handelnden und Betroffenensorgfältig zu analysieren sowie Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und auf der Grundlage von Kriterien gegeneinander abzuwägen. Auf dieser Grundlage ist es möglich, Entscheidungen zu finden, deren Tragweite zu reflektieren sowie zielführend zu argumentieren und Positionen darzustellen. Für gesellschaftliche und persönliche Entscheidungen in ethischen Konfliktfeldern der Chemie sind diesbezüglich die Kenntnis und Berücksichtigung von Bewertungsmaßstäben bedeutsam, nach denen Interessen und Folgen naturwissenschaftlich-technischer Forschung und Entwicklung beurteilt werden können.

Inhaltsfelder
Kompetenzen sind immer an fachliche Inhalte gebunden. Die vertiefte naturwissenschaftliche Grundbildung soll deshalb mit Blick auf die nachfolgenden Inhaltsfelder bis zum Ende der Sekundarstufe I entwickelt werden.

Inhaltsfeld 1: Stoffe und Stoffeigenschaften
Das Inhaltsfeld Stoffe und Stoffeigenschaften thematisiert die stoffliche Beschaffenheit von Gegenständen der Lebenswelt. Grundlegende Kenntnisse zu Stoffeigenschaftenermöglichen die Klassifizierung und Identifizierung von Stoffen ausgehend von typischen Untersuchungen. Ein fundiertes Wissen über Einsatzbereiche, Anwendungen und mögliche Gefahren verschiedener Stoffe ist Voraussetzung, um beim alltäglichen Konsum sinnvolle Entscheidungen zu ihrer Verwendung treffen zu können. Bei der aufder Kenntnis der Stoffeigenschaften beruhenden Stofftrennung kommen Verfahren zum Tragen, die zum großen Teil auch aus dem Alltag bekannt sind und auch in großtechnischen Prozessen der Chemie eine Rolle spielen.

Inhaltsfeld 2: Chemische Reaktion
Chemische Reaktionen sind in unserer Lebenswelt allgegenwärtig. Die Stoffumwandlung und die damit einhergehende Energieumwandlung sind entscheidende Merkmale zur Beschreibung von chemischen Reaktionen im Alltag. Sie bilden die Grundlage für die Produktion von Werkstoffen und Gütern des täglichen Gebrauchs, die Energieumwandlung zudem die Grundlage für unsere Mobilität oder unsere Versorgung mitelektrischer Energie.

Inhaltsfeld 3: Verbrennung
Eine der aus der Lebenswelt wohl bekanntesten chemischen Reaktionen ist die Verbrennung als Reaktion von Stoffen mit Sauerstoff. Aus Kenntnissen zur Verbrennungsreaktion und deren Reaktionsbedingungen können Maßnahmen zur Brandvorsorge und -bekämpfung abgeleitet werden. Die Umkehrbarkeit der Synthese des Verbrennungsproduktes Wasser aus Sauerstoff und Wasserstoff lässt sich im Sinne einer umwelt- und ressourcenschonenden Energieversorgung nutzen. Das Gesetz von der Erhaltung der Masse und somit die Erkenntnis, dass Stoffe nicht zum „Verschwinden“ gebracht werden, sondern lediglich in andere Stoffe umgewandelt werden können, ist insbesondere für den Umweltschutz grundlegend.

Inhaltsfeld 4: Metalle und Metallgewinnung
Die Verfügbarkeit und Nutzbarmachung von Metallen markiert einen entscheidenden Schritt in der Menschheitsgeschichte. Nach wie vor sind Metalle für unsere Gesellschaft von Bedeutung. Überwiegend müssen sie unter beträchtlichem Energieaufwanddurch chemische Reaktionen aus ihren Verbindungen gewonnen werden. Bei Verfahrender Metallgewinnung und der Verwendung von edlen und unedlen Metallen als wertvolle Gebrauchsstoffe spielen Aspekte wie Sauerstoffübertragungsreaktionen und die Umkehrung chemischer Reaktionen eine bedeutende Rolle. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Rohstoff- und Energieressourcen und die Einsicht in die Notwendigkeit des Recyclings sind unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen, globalen Entwicklung deshalb bedeutsam.

Inhaltsfeld 5: Elemente und ihre Ordnung
Die Ordnung der Elemente im Periodensystem auf der Basis ihrer chemischen Eigenschaften ist von besonderer Bedeutung für die Fachwissenschaft Chemie. Sie erlaubt ausgehend von der Stellung eines Elementes im Periodensystem Vorhersagen von physikalischen und chemischen Eigenschaften der Elemente und ermöglicht, einen Zusammenhang zwischen Stoffeigenschaft und Atombau eines Elementes herzustellen.

Inhaltsfeld 6: Salze und Ionen
Salze kommen in der Natur als Kristalle oder in wässrigen Lösungen vor. Ihre charakteristischen Stoffeigenschaften wie z. B. die elektrische Leitfähigkeit ihrer Schmelzen und Lösungen sind bedingt durch ihren Aufbau aus Ionen. Die Stärke der in den Salzen vorliegenden Ionenbindung wird durch den Energieumsatz bei Salzbildungsreaktionen deutlich und erklärt ihr Vorkommen in der Natur. Salze sind für alle Lebewesen lebensnotwendig. Die richtige Dosierung und Zusammensetzung von Salzgemischen sind bezüglich der Gesunderhaltung und im Bereich der Landwirtschaft auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von entscheidender Bedeutung.

Inhaltsfeld 7: Chemische Reaktionen durch Elektronenübertragung
Eine wichtige Art chemischer Reaktionen basiert auf der Übertragung von Elektronen. Die Umwandlung von chemischer in elektrische Energie und umgekehrt ermöglicht die Nutzung von Elektronenübertragungsreaktionen beispielsweise in Form von Batterien und Akkumulatoren. Kenntnisse in diesem Bereich sind Grundlage für den reflektierten Einsatz von Energieträgern als mobile Energiequellen in modernen Kommunikations- und Unterhaltungsgeräten. Des Weiteren sind sie mit Blick auf die Wahl und Weiterentwicklung einer nachhaltigen Nutzung von Werkstoffen in der Zukunft wichtig.

Inhaltsfeld 8: Molekülverbindungen
Die Eigenschaften einer Vielzahl bekannter Stoffe, wie beispielsweise die in der Atmosphäre vorkommenden Gase, sind auf ihre Zusammensetzung aus Molekülen zurückzuführen. So lassen sich Siedetemperatur und Löslichkeit von Molekülverbindungen in Wasser mithilfe der Polarität der Elektronenpaarbindung, der räumlichen Struktur von Molekülen sowie den damit zusammenhängenden zwischenmolekularen Wechselwirkungen erklären. Der Einsatz spezifischer Katalysatoren erlaubt es, Molekülverbindungen in chemischen Prozessen als Ausgangsstoffe für die Industrierohstoffgewinnung und Energiespeicherung zu nutzen. Deshalb spielen Katalysatoren auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit eine tragende Rolle.

Inhaltsfeld 9: Saure und alkalische Lösungen
Saure und alkalische Lösungen sowie ihre Reaktionen und ihre entstehenden Salze sind in der Umwelt, im Alltag und der Industrie allgegenwärtig. Kenntnisse zu Wirkungen saurer und alkalischer Lösungen und ihrer Neutralisationsreaktion ermöglichen ihre sichere Handhabung im Alltag. Mithilfe einfacher stöchiometrischer Berechnungen können konkrete Maßnahmen zum adäquaten Umgang mit Gefahrstoffen abgeschätzt werden. Zudem erlauben fundierte Kenntnisse in diesem Bereich die Beurteilung von Aussagen in Medien und Werbung.

Inhaltsfeld 10: Organische Chemie
Kohlenwasserstoffverbindungen sind Energieträger und zugleich grundlegende Rohstoffe für Produkte des täglichen Bedarfs. Sowohl als fossile als auch als nachwachsende Rohstoffe ist ihre Verbrennung und Weiterverarbeitung die Grundlage für Mobilität, Konsum und technischen Fortschritt. Vor allem Kunststoffe sind im täglichen Leben allgegenwärtig und werden hinsichtlich ihres adäquaten Einsatzes diskutiert. Fragen nach der Effizienz chemischer Reaktionen, der Bedeutung von Kreislaufprozessen, der Herkunft und Verfügbarkeit einzusetzender Rohstoffe sowie ein Abwägen möglicher Folgen der Stoffumwandlung schaffen ein Verständnis für das Wechselspiel von Materie und Energie. Dies stärkt die Urteilskraft in gesellschaftspolitisch relevanten Fragen.




Auszug aus dem Kernlehrplan für das Fach Chemie, NRW, 2018
Autorisation: Koordination MINT/AF3
Letzte Änderung: 10.02.2022