20.06.2025 |
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Altbundespräsident Christian Wulff beeindruckt am Gymnasium IKZ-Artikel vom 20.06.2025 von Carmen Ahlers
Bürgermeister Christian Schweitzer, Schulleiter Professor Dr. Jörg Trelenberg und Martin Gropengießer als Politiklehrer nahmen Christian Wulff und den Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak in Empfang, und nach einem netten Smalltalk ging es dorthin, wohin es den früheren Bundespräsidenten auch zog: Zu den Schülerinnen und Schülern, die gespannt auf den Besuch des 65-Jährigen gewartet haben. Besonders bei Marlene Jäker und Martin Bauer aus der Klasse 10b und Samuel Obst aus der Stufe 11 dürfte die Nervosität groß gewesen sein, denn sie stellten stellvertretend für ihre Mitschüler und Mitschülerinnen die Fragen, die alle zusammen im Unterricht vorbereitet hatten.
„Es ist uns eine Ehre, heute den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff zu Gast zu haben – zu einem wichtigen Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen möchten: Aktuelle Herausforderungen der Demokratie. Zweifellos ein Thema, was uns alle und jeden Einzelnen angeht“, sagte Prof. Jörg Trelenberg. „Sie betonen, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist. Von Ihnen stammt der Satz: Demokratie klingelt nicht, wenn sie geht. Auf einmal kann sie weg sein. Ein Satz, der nachdenklich macht.“ Dass ein Land, in dem Demokratie gelebt wird, für Wulff sehr wichtig ist, betonte er im Laufe der Veranstaltung immer wieder. „Mit heute 65 Jahren habe ich nur Gutes erlebt. Aufschwung, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Sozialstaat, europäische Zusammenarbeit. Der Höhepunkt meines Lebens ist die deutsche, die europäische Einheit und ununterbrochen innerer und äußerer Frieden. Das hat es inzwischen 80 Jahre lang noch nie auf deutschem Boden gegeben, und das sollte uns klarmachen, dass es keineswegs selbstverständlich ist“, sagte der Bundespräsident a.D. Er sei sehr dankbar und der Meinung, dass man dafür Sorge tragen müsse, dass die junge Generation ein Leben möglichst unter den Bedingungen leben könne, wie es beim ihm der Fall gewesen sei und nicht unter den Bedingungen, wie seine Eltern und Großeltern es erlebt hätten. „Je länger ich Politik mache, desto mehr mache ich mir Sorgen, dass Menschen nicht genug lernen aus der Geschichte, sondern immer wieder zurückfallen in bestimmte Verhaltensweisen, die dann irgendwann wieder zu Kriegen oder zu Auseinandersetzungen führen“, sagte er. Er glaubt, dass die Entwicklung des Friedens und der Demokratie in der Europäischen Union in Gefahr sei. Er appellierte an die Jugendlichen, sich für Deutschland einzusetzen, sich einzubringen und zu engagieren. „Sie werden immer wieder feststellen, dass die Menschen darüber entscheiden, welche Entwicklung das Land nimmt.“ Christian Wulff ist mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zur Schule gegangen und noch heute mit ihm befreundet, er hat im Jahr 2011 Margot Friedländer das Bundesverdienstkreuz verliehen. Er sieht das Internet als eine Möglichkeit zur Information, warnt aber gleichzeitig vor Fehlinformation. „ChatGPT denkt, ich habe nur eine Tochter. Aber ich habe auch einen Sohn.“ Und die Frage, wie oft er nun eigentlich verheiratet gewesen ist, könne das Internet auch nicht richtig beantworten. Generell sei es aber wichtig, sich eine Meinung bilden und den Mut zu haben, diese Meinung auch zu vertreten, betonte er.
Es waren kleine Gesten, die ihn in Hemer sehr sympathisch machten: Mehrmals kann er über sich selbst lachen, zum anderen schenkte er Marlene, Martin und Samuel erstmal ein Glas Wasser ein, als sie zusammen vor dem Publikum standen, vielleicht auch, um ihnen die Aufregung zu nehmen. Das Schülertrio meisterte seinen Job jedenfalls super und thematisierte unter anderem den Vertrauensverlust in die demokratische Institution, sprach das Mindestalter eines Bundespräsidenten an, das bei 40 Jahren liegt. „Dieses Mindestalter muss sein, der Druck auf das Amt ist extrem, und es fordert zudem eine gewisse Erfahrung“, erläuterte Wulff. Auf die Frage, wie er damals mit dem Druck in der Öffentlichkeit umgegangen sei, gab er zu: „Das war die schwerste Zeit meines Lebens!“ Den Schülerinnen und Schülern gab er mit, dass man sich nie zum Opfer machen, sondern immer die handelnde Person bleiben solle. Bei der Frage, ob es mal ein Gesetz gegeben habe, das er nicht unterschreiben wollte, zeigte er Humor: „Meine Amtszeit war zu kurz.“ Bürgermeister Christian Schweitzer begleitete Christian Wulff, der am Donnerstag 66 Jahre alt wird, zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Hemer. Wulff staunte, dass sich auch schon Prinz Charles darin verewigt hatte und setzte gerne seine Unterschrift darein. Auch Angela Merkel hat Hemer schon besucht, aber nicht in ihrer Funktion als Bundeskanzlerin.
Orginalversion des IKZ-Artikels (pdf) Collagen-Bilder: Felix
Tinnefeld u.a.
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